Der MDK-Begutachtungstermin
Das sollten Sie wissen!


Die Rolle des MDK (Medizinischer Dienst)
Der Medizinische Dienst (MD, ehemals MDK) ist ein unabhängiger sozialmedizinischer Beratungs- und Begutachtungsdienst. Im Auftrag Ihrer Pflegekasse führt er die Begutachtung durch, um objektiv und nach festgelegten Kriterien den Grad der Selbstständigkeit und damit den Pflegebedarf zu ermitteln .
Die Gutachter:innen sind speziell geschulte Pflegefachkräfte oder Ärzt:innen. Ihr Gutachten bildet die entscheidende Grundlage für die Zuweisung eines Pflegegrades durch Ihre Pflegekasse. Seit dem MDK-Reformgesetz 2020 heißt der MDK offiziell vielerorts nur noch "Medizinischer Dienst" (MD), der Begriff MDK ist jedoch nach wie vor geläufig .
Vorbereitung: Der Schlüssel zum Erfolg
Eine sorgfältige Vorbereitung ist entscheidend, denn der Termin dauert oft nur 60 bis 90 Minuten . In dieser kurzen Zeit müssen alle relevanten Informationen vermittelt werden.
1. Dokumente bereitlegen
Legen Sie Kopien (keine Originale!) folgender Unterlagen griffbereit zurecht :
Aktuelle Arztbriefe und Fachberichte (Hausarzt, Neurologe, Orthopäde etc.)
Krankenhaus- und Reha-Entlassungsberichte
Aktueller Medikamentenplan
Schwerbehindertenausweis (falls vorhanden)
Pflegedokumentation eines ambulanten Pflegedienstes (falls genutzt)
Liste der genutzten Hilfsmittel (Rollator, Hörgerät, Pflegebett etc.)
2. Das Pflegetagebuch
Führen Sie mindestens zwei Wochen vor dem Termin ein Pflegetagebuch. Dokumentieren Sie darin detailliert und wahrheitsgemäß alle Unterstützungsleistungen im Alltag .
Was wurde gemacht? (z.B. Hilfe beim Aufstehen, Anziehen, Toilettengang)
Wie oft und wie lange dauerte die Hilfe?
Welche Schwierigkeiten traten auf? (z.B. Sturzängste, Vergesslichkeit, Orientierungsprobleme)
Dokumentieren Sie auch unterstützende Gespräche oder nächtliche Unruhe.
3. Unterstützung organisieren
Lassen Sie sich nicht alleine begutachten! Bitten Sie eine vertraute Person (Angehörige:n, Pflegekraft) um Unterstützung. Diese kann emotionalen Halt geben, wichtige Details ergänzen und bei der Darstellung der Situation helfen – besonders, wenn die pflegebedürftige Person zur Beschönigung neigt oder an Demenz leidet .
4. Die Wohnung: Zeigen Sie den Alltag
"Schönheitsreparaturen" oder ein extra aufgeräumtes Heim sind fehl am Platz. Der Gutachter:in soll sich ein authentisches Bild der Alltagssituation machen können. Zeigen Sie auch Hilfsmittel, die in Gebrauch sind .
Ablauf des Begutachtungstermins
Der Gutachter:in kündigt sich schriftlich mit einem festen Termin an. Der Besuch dauert in der Regel eine Stunde, in komplexen Fällen auch länger .
Der Gesprächsteil
Der Gutachter:in wird Fragen zu den sechs Lebensbereichen (Modulen) stellen, die nach einem Punktesystem bewertet werden:
Der Begutachtungstermin durch den Medizinischen Dienst (MDK, jetzt oft nur MD) ist der entscheidende Moment auf dem Weg zum Pflegegrad. Hier wird geprüft, inwieweit Ihre Selbstständigkeit oder die Ihres Angehörigen beeinträchtigt ist. Eine gute Vorbereitung ist das A und O, um den tatsächlichen Pflegebedarf korrekt darzustellen und die bestmögliche Einstufung zu erreichen. Dieser Artikel führt Sie durch alle Schritte – von der Vorbereitung über den Ablauf bis zum Widerspruch.
Der praktische Teil
Oft bittet der Gutachter:in darum, einige Tätigkeiten vorzuführen, z.B. :
Vom Stuhl oder Bett aufstehen
Ein paar Schritte gehen
Den Arm heben oder eine Faust machen
Eine Flasche öffnen
Wichtig: Zeigen Sie nur das, was Sie auch an einem normalen Tag schaffen. Überanstrengung oder "Schauspielerei" werden erkannt und schaden der Glaubwürdigkeit .
Dos and Don'ts während des Gesprächs
✅ DO: Seien Sie offen und ehrlich. Schildern Sie alle Schwierigkeiten, auch die unangenehmen (z.B. Hilfe bei der Intimpflege, Inkontinenz, Sturzangst).
✅ DO: Bleiben Sie bei der Wahrheit. Übertreiben oder beschönigen Sie nicht.
✅ DO: Nutzen Sie Ihre Notizen und das Pflegetagebuch.
✅ DO: Bitten Sie bei sensiblen Themen um ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Gutachter, falls Angehörige anwesend sind .
❌ DON'T: "Schauspielern" Sie nicht. Gutachter:innen sind erfahren und erkennen übertriebene Darstellungen schnell .
❌ DON'T: "Beschönigen" Sie nichts. Ein typischer Fehler ist es, die Situation aus Scham besser darzustellen, als sie ist .
Besonderheiten bei Demenz und psychischen Erkrankungen
Seit der Pflegereform 2017 werden kognitive und psychische Einschränkungen gleichberechtigt mit körperlichen Beeinträchtigungen gewertet. Das kommt besonders Menschen mit Demenz zugute .
Der Gutachter:in wird immer auch mit der betroffenen Person selbst sprechen, auch wenn das Gespräch aufgrund der Erkrankung erschwert ist.
Im Anschluss werden die Eindrücke mit den anwesenden Angehörigen besprochen und abgeglichen.
Schildern Sie genau konkrete Verhaltensweisen: Wie oft geht die Person nachts umher? Vergisst sie, den Herd auszuschalten? Erkennt sie vertraute Personen?
Besonderheiten bei der Begutachtung von Kindern
Bei Kindern wird die Fähigkeit mit der eines gesunden, gleichaltrigen Kindes verglichen. Die Begutachtung erfolgt in denselben Modulen, jedoch mit altersspezifischen Maßstäben .
Kinder unter 18 Monaten werden pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft als bei der Begutachtung festgestellt, da sie natürlicherweise in allen Bereichen unselbstständig sind.
Bei ihnen werden vorrangig die altersunabhängigen Module 3 und 5 (Umgang mit psychischen Problemen und Therapieanforderungen) begutachtet.
Legen Sie Vorsorgehefte, Therapie- und Arztberichte vor.
Nach dem Termin: Das Gutachten und der Bescheid
Das Gutachten wird an die Pflegekasse geschickt, nicht an Sie.
Die Pflegekasse entscheidet auf Basis des Gutachtens über den Pflegegrad und erlässt einen schriftlichen Bescheid.
Die gesetzliche Frist für die Entscheidung beträgt maximal 25 Arbeitstage nach Antragseingang .
Tipp: Fordern Sie eine Kopie des Gutachtens bei Ihrer Pflegekasse an! Nur so können Sie die Entscheidung nachvollziehen und bei Fehlern gezielt Widerspruch einlegen.
Was tun bei Ablehnung oder zu niedriger Einstufung?
Sind Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden, legen Sie fristgerecht Widerspruch ein!
Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat nach Erhalt des Bescheides.
Holen Sie sich professionelle Unterstützung, z.B. von einem Pflegestützpunkt, einer Rechtsberatung oder einem Sozialverband (wie dem VdK) .
Im Widerspruchsverfahren wird oft ein neuer Begutachtungstermin anberaumt.
Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden:
Häufige Fragen (FAQ)
Wie läuft ein Begutachtungstermin per Telefon oder Video ab?
Seit der Corona-Pandemie sind auch telefonische Begutachtungen oder Videogespräche möglich, allerdings in der Regel nur für Folgetermine oder Höherstufungen, nicht für die Erstbegutachtung. Der Ablauf ähnelt dem Hausbesuch, Sie sollten auch hier alle Unterlagen bereithalten und idealerweise nicht alleine am Gespräch teilnehmen.
Was ist ein Gutachten nach Aktenlage?
In dringenden Fällen (z.B. direkt nach einer Krankenhausentlassung) kann der MD ein Gutachten erstellen, ohne dass ein persönlicher Termin stattfindet. Die Entscheidung erfolgt dann nur auf Basis der eingereichten medizinischen Unterlagen. Die persönliche Begutachtung folgt später.
Was passiert, wenn ich den Termin absagen muss?
Sollten Sie den Termin nicht wahrnehmen können (z.B. wegen Krankheit), sagen Sie unbedingt rechtzeitig ab! Ein kurzfristiges Absagen kann zu erheblichen Verzögerungen führen, da der Termin neu verplant werden muss.
Darf ich das Gespräch aufzeichnen?
Nein. Das heimliche Aufzeichnen des Gesprächs ist nicht erlaubt und verstößt gegen Datenschutzbestimmungen.
Zusammenfassung und abschließende Tipps
Seien Sie vorbereitet: Das Pflegetagebuch und die Dokumentenmappe sind Ihre stärksten Argumente.
Seien Sie ehrlich: Zeigen Sie den Alltag wie er ist, mit allen Schwierigkeiten und Einschränkungen. Verschweigen Sie nichts aus Scham.
Seien Sie nicht alleine: Eine vertraute Person an Ihrer Seite gibt Sicherheit und kann wichtige Details ergänzen.
Seien Sie aktiv: Fordern Sie das Gutachten an und prüfen Sie den Bescheid genau. Scheuen Sie sich nicht, Widerspruch einzulegen.
Der MDK-Termin ist keine Prüfung, die man bestehen muss, sondern eine Chance, Ihren Unterstützungsbedarf umfassend darzulegen. Mit einer guten Vorbereitung und der richtigen Einstellung können Sie entscheidend dazu beitragen, dass Sie oder Ihr Angehöriger die passende und verdiente Unterstützung erhalten.
Haben Sie Fragen zur Vorbereitung oder zum Ablauf? Unsere erfahrenen Pflegeberater helfen Ihnen gerne weiter und können Sie auch auf Wunsch zum Termin begleiten.
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